Der Landesrechnungshof führte im Auftrag des Landtages eine Gebarungsprüfung der Abteilung 7 - "Referat Gemeindeaufsicht und Wirtschaftliche Angelegenheiten" durch
Der Landesrechnungshof führte im Auftrag des Landtages eine Gebarungsprüfung der „Abteilung 7 - Referat Gemeindeaufsicht und Wirtschaftliche Angelegenheiten, insbesondere hinsichtlich des Vorgehens bei den Gemeinden Hartberg und Hart bei Graz" durch.
Die Aufgaben der Gemeindeaufsicht werden durch die Abteilung 7 Gemeinden, Wahlen und ländlicher Wegebau (A7) mit dem Referat „Gemeindeaufsicht und Wirtschaftliche Angelegenheiten" (Referat 2.0) und dem dem Referat untergeordneten Bereich „Wirtschaftliche Angelegenheiten" (Bereich 2.1) abgewickelt.
Die Aufsichtsbehörde kann sich bei ihrer Aufgabenerfüllung der Gemeindeprüfungsreferate der Bezirkshauptmannschaften (BH) bedienen. Der Hauptanteil der Gemeindeprüfungen wird unter Zuhilfenahme der BH erledigt. Organisatorische Grenzen im Verhältnis zwischen A7 und BH (z. B. kein dienstrechtlicher Zugriff auf die Personalressourcen der BH), rechtliche Vorgaben (Gemeindeautonomie) sowie die Erledigung von Zusatzaufgaben (z. B. Gemeindestrukturreform, Umsetzung der VRV 2015, Abwicklung von Wahlen) führen zu strukturellen Mängeln, sodass Prüfungen der Gemeindeaufsicht nicht jene Wirkungen erreichen, die diese an sich haben sollten:
Da die Gemeindeaufsicht der A7 über keinen wirksamen dienstrechtlichen Zugriff auf die Personalressourcen in den Gemeindeprüfungsreferaten verfügt, ist eine (dienstrechtliche) Regelung zu schaffen, die zentrale Steuerungsmöglichkeiten sicherstellt und einen effizienten, steiermarkweiten Ressourceneinsatz und eine entsprechend profunde Ausbildung sämtlicher Prüforgane ermöglicht. Hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung ist ein umfassendes verbindliches Ausbildungs- und Schulungskonzept zu erstellen. Die fachlichen und methodischen Prüfkompetenzen der Bezirksprüfungsreferenten der BH sind, insbesondere auch in Richtung Wirtschaftlichkeitsprüfungen weiter zu entwickeln.
Die Durchführung von Gebarungsprüfungen übernimmt federführend der Bereich 2.1. Obwohl es eine Aufgabenaufteilung der Referenten des Bereiches 2.1 hinsichtlich Beratungs- und Prüfungstätigkeit gibt, ist auf eine klare Trennung von Gebarungsprüfungen und Rechtsaufsicht zu achten.
Der Prüfleitfaden für Gebarungsprüfungen hat die Struktur der Berichte vereinheitlicht. Dieses Instrument sollte jedoch auch dazu genutzt werden, um deren Qualität zu verbessern sowie das Erkennen und die Beurteilung relevanter Sachverhalte zu fördern. Der Prüfleitfaden sollte daher entsprechend angepasst werden.
Die derzeitige Prüfplanung unter Einbindung der BH zielt auf die Erfüllung eines Landtagsbeschlusses ab, der ein fünfjähriges Intervall für die Durchführung von Gebarungsprüfungen vorsieht. Dieser Beschluss wäre zu überdenken. Die Prüfplanung sollte primär risikobasiert und zentral in der Gemeindeaufsicht der A7 erfolgen.
Der Erfüllungsgrad für Gebarungsprüfungen betrug im Zeitraum von 2010 bis 2014 rd. 62,3 %. Von 2015 bis 2016 lag dieser bei rd. 61,5 %. Die Vorgaben des Landtagsbeschlusses konnten somit nicht eingehalten werden. Bei Stadtgemeinden gab es teilweise jahrzehntelange prüffreie Zeiträume.
Die zur Durchführung von Gebarungsprüfungen festgelegten Prozesse wurden eingehalten. Künftig ist verstärkt auf eine zeitnahe Einforderung von Stellungnahmen bzw. Maßnahmenberichten der Gemeinden zu achten. Im Prüfzeitraum wurden insgesamt 332 Aufsichtsbeschwerden bearbeitet. Die Prozesse zu deren Erledigung wurden eingehalten. Künftig ist verstärkt auf die Einhaltung der gesetzlichen Erledigungsfrist von sechs Monaten zu achten. Für die Erledigung von Anträgen auf Genehmigung von Rechtsgeschäften sind die in Planung befindlichen Prozesse fertigzustellen und absolute und relative Genehmigungs- und Versagungskriterien zu definieren.
Die Gemeindeaufsicht verfügt mit den Systemen GEMBON und GEMFIN über Möglichkeiten zur Erfassung, Plausibilisierung, Vorprüfung und Analyse von Gemeindehaushaltsdaten. Diese werden zur Typisierung von Gemeinden (Typ 1 - 4) herangezogen. Die elektronische Gemeindekartei, die sämtliche genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte einer Gemeinde enthält, ist ehestmöglich fertigzustellen.
Das Referat 2.0 übernimmt auch die Abwicklung der Bedarfszuweisungen (BZ). Im Prüfzeitraum wurden jährlich BZ zwischen € 96,27 und € 121,46 je Einwohner ausbezahlt. BZ können zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Haushalt, zur Deckung außergewöhnlicher Erfordernisse oder zum Härteausgleich gewährt werden. Die BZ-Richtlinien als Vorgaben für den Vollzug dieses Bereiches sind ehestmöglich zu präzisieren und aktualisieren:
Bei BZ zum Ausgleich von Härten ist der Begriff „Härte" zu definieren, um damit eine Konkretisierung der Gewährungsvoraussetzungen vorzunehmen. Bei BZ zum Ausgleich des Haushaltsabganges ist bereits in den BZ-Richtlinien die Vorlage von geeigneten, quantifizierbaren und messbaren Konsolidierungsmaßnahmen vorzusehen, um einen zukünftigen Haushaltsausgleich zu gewährleisten. Bei projektbezogenen BZ ist auf eine konkrete Zuordnung jeder Förderung zu einem beantragten Projekt zu achten. Bei finanziell maßgeblichen Projekten ist die bereits beübte Praxis einer vertieften Projektbeurteilung in die neu auszuarbeitenden BZ-Richtlinien aufzunehmen.
Bei der Budgetverteilung der BZ ist es nicht nachvollziehbar, dass als ein Indikator die Zugehörigkeit der Bürgermeister zu einer politischen Partei eine Gewichtung von 20 % auslöst. Es besteht diesbezüglich weiteres Optimierungspotenzial für eine bedarfsorientierte, wirkungsbezogene und sachliche Verteilung der Budgetmittel.
Bei der Beurteilung der Prüfwürdigkeit nach Art. 127a B‑VG durch die A7 als Voraussetzung für die Durchführung einer Gebarungsprüfung durch den Rechnungshof sind die gewählten Beurteilungszeiträume für die beiden Kriterien Schulden und Haftungen sowie die Daten der Vergleichsgemeinden transparent und nachvollziehbar darzustellen. Für die Auswahl der Vergleichsgemeinden sind einheitliche Kriterien zu definieren. Die Grundlagen für die Beurteilung der Prüfwürdigkeit hinsichtlich der Gemeinde Hart bei Graz und der Stadtgemeinde Hartberg durch die Gemeindeaufsicht waren nicht nachvollziehbar dargestellt.
Die Gemeinde Hart bei Graz war im Zeitraum von 2013 bis 2016 durchgehend als „Typ‑4‑Gemeinde" ausgewiesen, was dem niedrigsten Bonitätsniveau entspricht. Die Gemeinde Hart bei Graz erhielt von 2006 bis 2016 insgesamt rd. € 7,4 Mio. an BZ; davon rd. € 4,4 Mio. zum Ausgleich des Haushaltsabganges. Die Anträge auf Genehmigung von Rechtsgeschäften wurden - bis auf wenige Ausnahmen - fristgerecht erledigt. Bei der Gemeindeaufsicht eingelangte Aufsichtsbeschwerden betreffend die Gemeinde Hart bei Graz wurden fristgerecht bearbeitet.
Die Stadtgemeinde Hartberg entwickelte sich von 2013 bis 2016 von einer „Typ‑1-" zu einer „Typ‑3‑Gemeinde". Die Rücklagen wurden binnen sieben Jahren nahezu aufgebraucht. Die Stadtgemeinde Hartberg erhielt von 2006 bis 2016 rd. € 6,2 Mio. an BZ; davon rd. € 5,5 Mio. an projektbezogenen BZ. Die Anträge auf Genehmigung von Rechtsgeschäften wurden - bis auf wenige Ausnahmen - fristgerecht erledigt. Nicht alle Aufsichtsbeschwerden wurden fristgerecht bearbeitet; es handelte sich dabei jedoch um umfangreiche Akten deren verzögerte Erledigung nachvollziehbar war.
Der Landesrechnungshof legte den Prüfbericht am 22. November 2017 dem Landtag und der Landesregierung vor.